Adventskalender 2020

…zum Nachdenken, zum Entspannen und zum Schmunzeln

Der Advent ist heuer frühzeitig über uns hereingebrochen. Es war nicht der kirchliche Kalender, der die „stille Zeit“ vor Weihnachten eröffnet hat. Weil der Advent eine besinnliche Zeit ist, hatte es ursprünglich geheißen: „St. Kathrein ( 25. November) stellt das Tanzen ein“. Es war aber diesmal der Corona-Maßnahmenkatalog, der den Partys den Garaus gemacht hat. Paradoxerweise wird durch die Zeit der Pandemie heuer einiges an adventlicher Ursprünglichkeit freigelegt. Und das ist, trotz allem Brauchtum, genuin apokalyptisch. Die Christenheit wartet ja nicht auf das Christuskind, das um das Jahr 0 unserer Zeitrechnung geboren wurde, sondern auf die Wiederkunft Christi am Ende der Zeiten. Das ist die eigentliche Bedeutung des Advents. Diese Ankunft am Jüngsten Tag ist etwas worauf Muslime, Christen und Juden gemeinsam warten. Sogar im Buddhismus kennt man ein ähnliches Bild vom Ende der Zeiten. Davor jedoch ereignet sich die Apokalypse, was so viel heißt wie: Es offenbart sich etwas. Was sich da zeigt, ist wer wir Menschen wirklich sind. Ist es wahr, was der englische Denker Thomas Hobbes über die Nationen der Welt gemeint hat, indem er urteilte, dass die Menschen zueinander sich wie Wölfe verhalten? Oder ist es die christliche Vision, dass wir einander, nicht nur in der eigenen Familie, sondern weltweit, Brüder und Schwestern sind?

Wir haben nun im ausklingenden Kalenderjahr 2020 wahrlich einen verfrühten Advent. Die Zeit ist wirklich still und all das, was wir in den Liedern und frommen Texten der sonst zuhauf stattfindenden Adventkonzerten hören, tritt diesmal tatsächlich ein. Hochbesinnlich und familiär sitzen wir zu Hause und versuchen, die Knoten in unserem Denken zu lösen und die harten Nüsse des Alltags zu knacken. Wir halten uns zurück und versuchen ganz bei uns selbst zu bleiben und trotzdem den Draht zueinander nicht zu verlieren. Ja, dieses vergangene Jahr hat uns wahrlich „ins Gebet genommen“ und uns gezeigt, dass unsere Zivilisation gefährdet und zerbrechlich ist und dass wir eine weltweite Gemeinschaft sind, die neu miteinander umgehen lernen muss.

Es wird sich zeigen, ob wir das zustande bringen oder ob wir wieder in den wilden Konsumismus verfallen, der uns betäubt und ablenkt von den großen Aufgaben, die auf unterschiedliche Weise auf die Menschheit warten. Weihnachten jedenfalls will uns dazu ermutigen, auf das Kind in der Wehrlosigkeit zu schauen. Vielleicht ist das Bild von „Mutter Erde“, die wir schon fast ausgezuzzelt haben, falsch und es wäre besser, die Erde wie ein schutzloses Kind zu sehen, das unserer Sorge anheimgegeben ist. Weihnachten im neuen globalen Licht.

Hans-Peter Premur, Hochschulseelsorger an der Universität Klagenfurt und Pfarrer von Krumpendorf