Interview mit dem Humor
Bischof Stecher: Es ist für mich eine besondere Freude, mit ihnen lieber Humor einmal persönlich sprechen zu dürfen. Sie haben mir das Leben so oft leichter gemacht, dass ich dieses Gespräch mit einer tiefen Dankbarkeit beginne. Sie waren immer wieder da – schon bei den Kinderspielen, in Büchern, Liedern, Komödien, ja auch in Augenblicken würdevoller Feierlichkeit – da sind Sie besonders gefährlich – bis hinein in sehr, sehr dunklen Stunden. Jetzt hab ich Sie vor dem Mikrofon und darf Sie ein wenig aushorchen.
Lieber Humor, manche Leute sagen, sie seien eigentlich nur das Ergebnis einer guten Verdauung und einer angeborenen Lustigkeit.
Humor: Lieber Herr Bischof, darf ich Sie daran erinnern, dass große Komödianten und berühmte Clowns privat oft recht seriöse und ernst zu nehmende Charaktere sind? Bei mir ist es ähnlich. Ich möchte Menschen zum Lächeln und zum Lachen bringen, aber das heißt nicht, dass ich bei jedem Gelächter dabei bin. Manche suchen mich in der falschen Ecke. Von manchen Formen des Grinsens, Brüllen und Gröhlens bin ich weit entfernt. Ich selbst sehe mich als einen zarthellen Schimmer am Horizont, der die Schatten des Lebens etwas relativiert und gelassener betrachten lässt. Ich habe das von meinen Eltern mitbekommen.
B: Ihre Eltern?
H: Ja, Sie werden sich wundern, aber es ist kein Witz. Meine Mutter ist die hintergründige Hoffnung, die unverdrossen durch alle „Fragezeichenwälder“ dieser Welt wandert. Mein Vater ist der Realismus. Er hatte schon immer einen scharfen Blick für alle Schwächen und Unzulänglichkeiten des Menschen und hat sie ganz gern aufs Korn genommen, aber die Mutter hat immer aufgepasst, dass die Kritik nicht böse oder vernichtend wird.
B: Gibt es Bereiche wo sie nicht anzufinden sind?
H: Zum Beispiel im Nihilismus. Wenn ein Mensch im Grundgefühl völliger Sinnlosigkeit lebt, kann er keinen Humor haben. Bei solchen Menschen treten dann an meine Stelle zwei Figuren mit denen ich nichts gemeinsam habe: der Zynismus und der Sarkasmus, sie können sehr geistreich sein – Fröhlichkeit schaffen sie nicht.
B: Gibt es für Sie noch andere Sperrgebiete?
H: Den Fanatismus. Alle Fanatiker gleichgültig welcher Richtung haben die Humorlosigkeit als Vereinsabzeichen. Fanatismus verfinstert die Welt und schickt den Hausverstand auf Dauerurlaub. Außerdem verabsolutiert er absolut Zweitrangiges und das ist so verhängnisvoll, dass es nicht einmal ein Witz ist. Ich nehme vorläufiges nie ganz ernst.
B: Haben Sie im kirchlichen Raum Schwierigkeiten?
H: Im Großen und Ganzen nicht. Eine gesunde Gläubigkeit hat sehr gute Voraussetzungen für mich.
I: Um bei der Kirche zu bleiben, würden Sie sagen, dass Sie für die Seelsorge eine positive Bedeutung haben?
H: Das darf ich mit aller Bescheidenheit behaupten, auch wenn ich selbstverständlich nur eine Nebensache bin. Die Verkündung ist keine Witzesammlung, aber ein humorvolles Nahebringen hat sehr oft viel mehr Chancen als lange Predigttriaden mit moralischen Hammerschlägen. Ich bin in der Pastoral und in der Schule die kleine Würze, der „Pfiff“ im geistlichen Menü, der Schuss Kognak in der Soße der Frömmigkeit, das Dressing des moralischen Salats, der Aperitif für wesentlichere Botschaften. Und jetzt füge ich noch einen komplizierten Satz zum Nachdenken hinzu:
Wenn man das relativiert, was nicht ganz ernst zu nehmen ist, dann besteht die Hoffnung, dass das, was ernst zu nehmen ist, von Ernstzunehmenden ernst genommen wird….
– Bischof Stecher